Stuttgart | Oberer Schlossgarten
Abendliches Sicherheitsgefühl
#
Der Schlossgarten ist mit seiner wunderschön zentralen Lage ein vitaler Teil des Stadtgefüges der Landeshauptstadt Stuttgart. Die acht Kilometer lange Parkanlage, die sich in den oberen, mittleren und unteren Abschnitt gliedert, bildet zusammen mit weiteren Grünräumen wie dem Rosensteinpark das „Grüne U“. Was tagsüber ein freundliches Erscheinungsbild ergibt, wandelt sich hingegen abends in ein zwiegespaltenes Ambiente.
Die Beleuchtung im Schlossgarten spielt dabei eine gewichtige Rolle. Bereits seit Längerem wird diese als zu dunkel und schummrig kritisiert. Die alte Wegebeleuchtung erzeugte beim Besucher kein Sicherheitsgefühl beim abendlichen Durchqueren des Schlossgartens. Es waren weder eine ausreichende Helligkeit als auch eine korrekte Ausleuchtung der Wege gegeben. Dies erkannte das Land Baden-Württemberg und veranlasste die Wegebeleuchtung im Bereich des Oberen Schlossgartens zu erneuern.
Analyse der Schwachstellen und Konzeptaufstellung
Studio DL führte eine Analyse durch und zeigte Problembereiche in der Beleuchtung auf. Mittels sogenannter Leuchtdichtemessungen konnten zu dunkle Bereiche klar erfasst und quantifiziert werden. Als Resultat wurde ein Konzept erarbeitet, das die Wegebeleuchtung nicht als solitären, sondern als integralen Teil des Gesamtensembles Oberer Schlossgarten sieht. Die neue, kugelförmige Mastaufsatzleuchte leitet ihre Formensprache aus den gestalterischen Gegebenheiten des Schlossparks ab. Die Gestaltung der Wege- und Kleinarchitektur führt zurück auf die Bundesgartenschauen in Stuttgart.
Nach verschiedenen Bemusterungen, die in Einzelphasen in kleinen Gruppen sattfanden, um das passende Leuchtenprodukt zu finden, wurde sich für ein Modell mit sichtbar goldenem LED-Reflektorsystem entschieden. Dieses greift den ästhetischen Rahmen des Schlossgartens auf und gibt diesen in hochqualitativer und angemessener Weise wieder. Zusammen mit der Wahl einer warmen Lichtfarbe von 2700 Kelvin wird insektenfreundlicheres Licht produziert. Der Einklang von gestalterischen, aber auch sicherheitsrelevanten Aspekten war Hauptaugenmerk des Lichtkonzeptes.
Digitalisierung der Beleuchtung
Durch einen elektronischen Funkmoduleinsatz in den Leuchten kann jeder einzelne Lichtpunkt aus der Ferne angesteuert wer-den. So können aktuelle Statusinformationen jeder einzelnen Leuchte, wie beispiels-weise die Funktionsfähigkeit, abgefragt und ein Energiemonitoring der Gesamtanlage betrieben werden. Die einzelnen Leuchtenstandorte kommunizieren untereinander und bauen ein sogenanntes „Mesh“ auf, sodass die gesendete Steuerungsinformation auch zuverlässig bei der richtigen Leuchte eintrifft. Die neue, digitalisierte Beleuchtungsanlage ist damit eine der modernsten des Landes Baden-Württemberg. In erster Instanz ist die Steuerung allerdings nicht nur für Problemsituationen vorgesehen, sondern als Reaktion auf die Umwelt. Insekten, Fledermäuse und Vögel sollen durch die Beleuchtung nicht beeinträchtigt werden. Hierzu ist eine saisonale, variable Steuerung der Beleuchtung wichtig, um Brutzeiten und Aktivitätsphasen der Tiere zu berücksichtigen.
Stuttgarter Krawallnacht
Der obere Schlossgarten gilt schon seit geraumer Zeit als sozialer Brennpunkt. „Drogen, Alkohol, Beleidigungen, Respektlosigkeit“ – so wurde die Lage in einem Artikel der Zeit vom Sprecher der Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg im Schlosspark zusammengefasst. Der mittlerweile überregional als „Stuttgarter Krawallnacht“ bekannte Vorfall aus dem Jahre 2020, der im Oberen Schlossgarten begann, lenkte den Fokus weiter auf die vorherrschende Beleuchtungssituation und das fehlende Sicherheitsgefühl in diesem Bereich.
Die Polizei bemängelte den Zustand ebenfalls und forderte Verbesserungen für Akutsituationen. In Zukunft hat die Polizei die Möglichkeit, extern Zugriff auf die Beleuchtungssteuerung zu nehmen. Im Falle einer weiteren Konfliktsituation könnte die Polizei die Anlage hochdimmen, sodass den Beamten vor Ort Sicht und Orientierung erleichtert wird. Der planerische Vorgriff die Leuchten nicht mit der vollen Leistungsfähigkeit zu betreiben, erwies sich als Glücksgriff und stellt die benötigten Helligkeitsreserven für besondere Situationen bereit. Im Alltag sind die Leuchten bewusst niedriger gedimmt, um ein wohnliches Ambiente im Oberen Schlossgarten zu erzeugen und eine Blendgefahr der Besucher auszuschließen.
Land:
- Deutschland
Stadt:
- Stuttgart
Bauherr:
- Vermögen und Bau Baden-Württemberg
Parkpflege und Umweltschutz
- Wilhelma
Sicherheitsbehörde
- Polizeipräsidium Stuttgart
Landschaftsarchitekt Bereich Landtagsumfeld
- Koeber Landschaftsarchitektur
Informations + Kommunikationstechnik
- Günther Beratende Ingenieure
ELT-Installation
- Actemium
GaLaBau
- Fa. Wamser
- Fa. Rima-Bau
- Fa. Hör
Fotos
- Juliane Eirich
Fertigstellung
- 2021