Der neue Campus der Sartorius AG in Göttingen zeigt anschaulich, wie hochwertige Architektur und Beleuchtung den Geist eines Unternehmens kommunizieren können. Das Licht aus den Gebäuden und die sanft illuminierte Landschaftsarchitektur verbinden sich zu einer Poesie, die den Aufenthalt im Außenraum zum Erlebnis macht.
Die international tätige Sartorius AG beschäftigt hochqualifizierte Mitarbeiter aus aller Welt. Dem Life-Science-Unternehmen war es daher wichtig, den Neubau der Konzernzentrale optimal zu nutzen. Neben hoher Funktionalität und Nachhaltigkeit sollte der neue Campus auch ästhetisch ansprechend sein, um Mitarbeitern und Bewerbungskandidaten ein reizvolles Arbeitsumfeld zu bieten. Jährlich 1.000 Mitarbeiter will der Konzern bis 2025 einstellen. Auf dem neuen Campus, der nach einem Masterplan des Hannoveraner Architekturbüros Bünemann & Collegen im Göttinger Stadtteil Grone auf einem Teil des insgesamt 170.000 Quadratmeter großen Areals entstand, ist dieses Ansinnen vorbildlich gelungen. Die neue Konzernzentrale bietet neben erhöhten Kapazitäten für Produktion und Administration eine außergewöhnlich attraktive Arbeitsumgebung, welche den Geist des Unternehmens zum Ausdruck bringt.
Ein Herzstück des neuen Campus ist ein mehrfach preisgekröntes zweigeschossiges und 25.000 Quadratmeter großes Produktionsgebäude, in dem etwa 450 Mitarbeiter Laborgeräte wie Waagen, Reinstwassersysteme und Feuchtemessgeräte herstellen. Da auch die Kalibrierung von Präzisionswaagen an diesem Ort erfolgt, ist das Gebäude gegen Temperaturschwankungen und – durch ein entkoppeltes Fundament - gegen Vibrationen geschützt. Flankiert wird die Produktionsstätte von fünf versetzt zueinander stehenden raumhoch verglasten Büroriegeln, die auf vier Geschossen jeweils 2.600 Quadratmeter Fläche bieten. Im Westen der Halle schließt ein zweigeschossiger Stahlbetonbau für Produktentwicklung und Labore an. Ein Atrium, das sich mit seinen Glasfassaden zu einem Vorplatz öffnet, führt durch den Haupteingang auf den Campus.
Tanzende Leuchten bilden spielerische Beleuchtungskomponente
Nähert man sich dem Atrium von dem jenseits der Zufahrtstraße ausgegliederten Sartorius Parkhaus kommend, passiert man ungewöhnliche fünf Meter hohe Stehleuchten, die beschwingt den Weg säumen und sich in freier Anordnung auf dem Vorplatz gruppieren. Ihre Konstruktion aus einem „taillierten“ Mast, der am oberen Abschluss in einer Gabel als Befestigungselement für eine schwenkbare runde Lichtscheibe endet, lässt die skulptural anmutende Leuchte scheinbar tanzen. Der Leuchtenentwurf dieser spielerischen Komponente, die Teil des von Studio DL entwickelten Beleuchtungskonzepts ist, stammt von den Architekten. Wie die gesamte Innen- und Außenraumbeleuchtung auf dem Areal kann die Stehleuchte angesteuert werden. Mit Tunable White Technologie ausgestattet, orientiert sie sich mit mal wärmerem, mal kühlerem Licht an den Jahreszeiten.
Innen- und Außenraumbeleuchtung verbinden sich zu Poesie
Nach Passieren des Haupteingangs öffnet sich der autofreie Campus, der den Blick mit einer zauberhaften Gartenlandschaft gefangen nimmt. Gepflasterte, als Boulevards und Nebenwege etablierte Pfade winden sich durch das von Rasen bedeckte Gelände, in dem unterschiedliche, auch farblich differenzierte Baum- und Straucharten für Abwechslung sorgen. Über den künstlich angelegten Teich mit üppiger und vielseitiger Uferbepflanzung führt ein breiter Holzsteg, dessen warmer Farbton sanft von Einzel-LED hervorgehoben wird, die in die Stützen des Handlaufs integriert sind. Dank einer speziellen Linsenoptik verteilen sie ihr Licht fächerartig auf dem Boden. Im Zusammenspiel mit einer minimierten Wegebeleuchtung inszeniert das zurückhaltend aus den Gebäuden kommende Licht dezent den Außenraum. Mit der Konzeptionierung dieses Zusammenspiels von Innen- und Außenbeleuchtung sowie Architekturinszenierung hatte Studio DL 2015 begonnen und das Ergebnis in einem Masterplan festgeschrieben, damit die Beleuchtung im Falle einer zukünftigen Betriebserweiterung fortgesetzt werden kann
Niedrige Lichtpunkte bewahren störungsfreie Fassadenansicht
7.000 verbaute Quadratmeter Glas und andere hochreflektierende Fassadenmaterialien hatten schnell zu der Entscheidung geführt, das Funktionslicht für die Wegeverbindungen ausschließlich mit niedrigen Lichtpunkten zu bespielen. Entlang der Fassaden erhellen kleine, tiefstrahlende Hochleistungs-Pollerleuchten mit nicht sichtbarer Lichtquelle das Pflaster des Boulevards, der sich vom Atrium aus als Hauptachse über den Campus erstreckt. Zur Beleuchtung der Grünstreifen zwischen Weg und Fassade wurden die Standardleuchten nach einem Entwurf von Studio DL dahingehend modifiziert, dass sie zusätzlich Licht nach hinten abstrahlen. Da die Nebenwege von weniger leistungsstarken Pollerleuchten erhellt werden, spiegelt das Lichtbild die Hierarchisierung der fußläufigen Erschließung wider. Kleine Bodeneinbauleuchten zur dezenten Illuminierung von Bäumen, Sträuchern und Gräsern runden die Beleuchtung des Außenraums ab.
Biodynamisches Licht im Innenraum
Die Innenraumbeleuchtung, die mit ihrer konsequenten Leuchten-Setzung und Herausarbeitung markanter Gebäudeteile die Architektur inszeniert, trägt mit ihrer saisonal abhängigen Lichtfarbe wesentlich zum Bild der Landschaftsarchitektur bei. Im Winter ist der Gesamteindruck kühler, im Frühjahr ist er mit 2700 K besonders warm. Mit einer dynamischen Tageslichtsimulation verändert sich das Licht in den Büroriegeln auch über den Tag, bis sein Direktanteil am Abend komplett ausgeschaltet wird und sein Indirektanteil nur noch 2 % beträgt. So kommuniziert das Lichtbild der parallel zur Längsache angeordneten Pendelleuchten noch andeutungsweise die Tiefe der Bürobauten.
Auf dem Sartorius Campus gehen Architektur und Innenarchitektur, Innen- und Außenraumbeleuchtung und deren Steuerung eine Symbiose ein, die ein weltoffenes internationales Unternehmensbild zum Ausdruck bringt. Das Zusammenspiel von Innen- und Außenraumbeleuchtung schafft zudem eine Poesie, die im Außenraum zum Innehalten verführt.